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Schl.2004 - Gießen unterm Hakenkreuz. S.12
NS-Organisationen beherrschen ab 1933 die Straßen

1933 ff.

Text: Gießen unterm Hakenkreuz

Bis 1929 erzielte die NSDAP in Gießen nur bescheidene Erfolge, ab 1933 jedoch dann abrupt bessere Ergebnisse als im Reich. Da gleichzei¬tig die Wahlbeteiligung zunahm, wird vermutet, dass bisher eher apoliti¬sche bürgerliche Kreise nun die NSDAP wählten, da - wie andernorts auch - Hitler in den Gießener Arbeiterbezirken nur geringe Akzeptanz erfuhr.
Nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler beherrschten die Na¬tionalsozialisten mit ihren Umzügen die Straßen. Seit dem 10. März 1933 sind SA, SS und Stahlhelm als Hilfspolizisten im Einsatz und si¬chern mit Gewalt die neuen Machtverhältnisse ab. In der Verwaltung, den Schu¬len, der Polizei, Justiz und Universität werden nach einer Ge¬sinnungsprüfung und dem gefordertem Nachweis arischer Abstammung die missliebigen Personen entlassen.
Gab es bei bürgerlichen Organisationen ohnehin kaum Widerstand gegen Gleichschaltung und Auflösung, wurde der Widerstand bei KPD und SPD gegen die Machtergreifung der Nationalsozialisten und die Auflö¬sung ihrer Organisationen unter Androhung und Anwendung von Ge¬waltmaßnahmen gebrochen. Dutzende Widerstand leistende Gießener wurden in das für die Stadt und den Landkreis zuständige, 1933 einge¬richtete KZ Osthofen bei Mainz eingeliefert.

Die Verheißung der Volksgemeinschaft sowie Maßnahmen zur Wirt¬schaftsbelebung und Arbeitsbeschaffung, die zur Senkung der Arbeits¬losigkeit beitrugen, führten - nach den Erfahrung der Wirtschaftskrise Anfang der 30er Jahre - zur Anpassungsbereitschaft der Mehr¬heit der Bevölkerung und erleichterten die Eingliederung breiter Krei¬se in die nationalsozialistischen Organisationen. Auch große Kundgebungen, Um¬züge, Festtage und Mes¬sen sorgten dafür, dass die nationalsozialistische Ge¬meinschaftsideologie viele Lebensbereiche wie z. B. die Familie und die Freizeit durch-drang.

Auf der anderen Seite der Volksgemeinschaft stand die Ausgrenzung vor allem der Juden. Von der Boykottaktion vom 1.4.1933, als SA-Posten Kunden am Betreten jüdischer Geschäfte hinderten, über Berufs¬verbote, Sondersteuern, sogenannte “Arisierungen”, der Ghettoisierung in sog. “Judenhäusern” bis hin zu den Deportationen im Zusammenhang mit dem Holocaust wurden auch die Gießener Juden enteignet, vertrieben oder vernichtet.
Nachdem die Bautätigkeit in der Wirtschaftskrise stark zurückgegangen war, machten sich nun die wirtschaftsfördernden Maßnahmen vor allem im Bausektor bemerkbar. Im Wohnungsbau, der Verkehrsentwicklung, der Planung von Sport- und Erholungsanlagen und vor allem im Ausbau der militärischen Einrichtungen gab es viele Projekte und Aktivitäten, die die Richtigkeit der nationalsozialistischen Politik zu beweisen schie¬nen.

Die Neuen Machtverhältnisse manifestierten sich auch in der Namens¬gebung von Straßen: so wurde aus der Ostanlage der Hitlerwall, aus der Südanlage der Hindenburgwall, aus der Westanlage der Horst-Wessel-Wall und aus der Nordanlage der Werner-Wall.

Kategorie:  Bibliographie
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