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Kriegsvorbereitung von Anfang an: Gründung Reichluftschutzbund 1933
1945 / 2004
Text: “Luftschutz”
Schon bald nach der Machtergreifung 1933 werden die in der Weimarer Republik begonnene Initiative für einen organisierten Luftschutz intensiviert. Mit der Gründung des Reichsluftschutzbundes (RLB) im April 1933, der folgenden Gründung von reichsweit 3.800 Luftschutzschulen (in Gießen am 6. Februar 1934), sowie der Bildung von Luftschutzgemeinschaften, die von Luftschutzwarten geführt wurden, wurde die gesamte Bevölkerung in Luftschutzübungen auf den Luftkrieg vorbereitet. Der RLB soll über 13,5 Millionen Mitglieder gehabt haben, davon 820.000 Amtsträger und 28.000 Luftschutzlehrer.
Eine Absicht der Übungen war sicher das Training des Verhaltens im Falle eines Luftangriffes. Die “Angenommene Lage: Feindliche Flugzeuggeschwader ...über Gießen ...” (Luft- und Gasschutzübung auf dem Flugplatz Gießen am 2. Juli 1933) hat sicher auch eine weitere Funktion gehabt: die Vermittlung der Eindrücke das Reich ist von Feinden umgeben, es kann jederzeit Krieg geben, dem deutschen Volk wird sein erstrebter Lebensraum streitig gemacht...
Bauliche Aspekte des Luftschutzes betrafen die steuerliche Förderung des Baus von Luftschutzräumen. Der Bau relativ sicherer Bunker für die Zivilbevölkerung wurde aber erst sehr spät im so genannten “Führersofortprogramm” (September 1940) beschlossen, nachdem - als Vergeltung für Bombenangriffe auf London - britische Angriffe auf Berlin durchgeführt wurden. Bis dahin wurde Bunkerbau nur für einige kriegswichtige Industriebetriebe durchgeführt, da man der Meinung war, die Bevölkerung sei durch “aktiven Luftschutz” (starke Luftwaffe und Flakartillerie) genügend gesichert.
Anders als in den Großstädten gab es in Gießen jedoch ab 1940 keinen Bunkerbau für die Zivilbevölkerung. Die Spitzbunker auf den Kasernengelände waren für das Militärpersonal gedacht, wurden dann aber auch für der Zivilbevölkerung zugängig gemacht. Verschiedene Baulichkeiten, die eigentlich für andere Zwecke errichtet worden waren, wurden zu Schutzräumen erklärt: der Keller auf dem Betriebsgelände Poppe und ein Keller im Unteren Hardthof waren ursprünglich Brauereikeller, der sog. Felsenkeller in der Bahnhofstraße und das ”Eingerinn”, der alte unterirdische Wasserkanal, der den Graben der Gießener Festung mit Lahnwasser versorgte, sind Beispiele für solche Umnutzungen, die jedoch, wie das Beispiel des Poppe-Kellers zeigt, im Fall eines Treffers zur tödlichen Falle wurden.
Im September 1943 wurde beschlossen, an der Margarethenhütte, am Stadttheater und am Horst-Wessel-Wall Luftschutzdeckungsgräben zu errichten (s. Bauzeichnung LS-Deckungsgraben vom 31.5.1944), im Mai 1944 mußten Betriebe Gefolgschaftsmitglieder abkommandieren, um Splitterschutzgräben für die Kliniken auszuheben.
Ein großes Problem des Luftschutzes war die Versorgung mit Löschwasser im Brandfall. Aus diesem Grunde wurden u.a. im Schwarzlachgebiet, am Ende der Wilhelmstraße, an der äußeren Frankfurter Straße in Kleinlinden, in der Crednerstraße Löschwasserteiche angelegt.
Noch am 9.11.1944 macht Baudirektor Gravert weitere Vorschläge zur Löschwasserversorgung: durch eine Erhöhung der Staustufen der Wieseck sollen zwischen Moltkestraße und Bahnhofstraße eine Kette von Löschwasserteichen entstehen. Anders als in den anderen Löschwasserteichen fließe entnommenes Löschwasser ständig nach. Zudem liege die Wieseck so, dass keine zusammenstürzenden Häuser hineinfallen können, “auch zusammenfallende Brücken stauen vielleicht den Wiesecklauf, halten ihn aber nicht auf”.
Kategorie: Bibliographie
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